Deutsches Studienzentrum in Venedig

Personen/Projekte aktuell

August 2025

  • Die Architektur der Cappella Emiliana von San Michele in Isola
    Dissertationsprojekt

    Architekturgeschichte/Bauforschung - RWTH Aachen University, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Anke Naujokat
    Ganz an der nördlichen Spitze der Klosterinsel San Michele erhebt sich neben der ehemaligen Klosterkirche der Kamaldulenser die einzigartige und doch von der Forschung wenig beachtete Cappella Emiliana. Dieses Kleinod venezianischer Hochrenaissance-Architektur, das zwischen 1528 und 1543 nach einem Entwurf und unter der Leitung des bergamasken Steinmetzarchitekten Gugliemo dei Grigi d'Alzano geschaffen wurde, steht eindeutig im Dialog mit der ersten weißen Renaissance-Fassade der Kirche San Michele in Isola und inszeniert sich gleichzeitig als ganz eigene „giexiulla", die der „Annunciatione della Madonna" geweiht wurde. Das von den Prokuratoren von San Marco ‚de citra' beauftragte Projekt geht dabei ursprünglich auf ein selbstsicheres Postulat der Witwe Margherita Vitturi von 1427 zurück, welche nicht nur die Andacht an ihren verstorbenen Ehemann Giovannino Miani ins Auge fasste, sondern vor allem auch ihre eigene.
    Im vielfältigen historischen Architekturportfolio Venedigs nimmt die realisierte Cappella Emiliana eine besondere Position ein, gehört sie doch zu den wenigen echten Zentralbautypologien der Stadt und tritt darüber hinaus auch als eigenständige Annexkapelle zur postumen Kommemoration zweier Patrizier besonders hervor. Der Material-Luxus in Form des weiß strahlenden istrischen Kalksteins und einer Vielzahl polychromer Marmore und Hartgesteine ist nicht nur charakteristisch für die handwerkliche Gewohnheit des dekorationseifrigen Steinmetzes, sondern demonstriert auch die finanziellen Mittel, die die Prokuratoren als Vollstrecker ideeller Bauherrenschaft in Zeiten von Pest und Krisen bereit waren, auszugeben. Der sechseckige Grundriss mit fünfseitigem Vestibül ist besonders hervorzuheben und im Zusammenhang mit Guglielmo dei Grigi, der eigentlich durch Altäre und Fassadenprojekte in der Republik bekannt geworden ist, keineswegs als rein zufällige architektonische Idee zu beurteilen. Darüber hinaus entzieht sich die Kuppelkonstruktion mit innerem Druckgewölbe und äußerer kragkuppelartiger Schale, die durch eine mittige geziegelte Säule gestützt wird, jedweden Vergleichs mit anderen Kuppelbauten Venedigs und ganz Italiens.
    Die Cappella Emiliana lässt sich als spätes Zeugnis der traditionellen lombardischen Steinmetzpraxis in Venedig einordnen. Ganz zeitgenössisch verpflichtete man sich dem noch recht freien Stilverständnis ‚all'antica' und dem Gebrauch reichster Baumaterialien. Und das während – oder kurz bevor – Architekten wie Jacopo Sansovino in der Lagunenstadt Maßstäbe für prachtvolle Baukunst im Geiste antiker vitruv'scher Prinzipien und Dogmen setzten, die von den neusten Traktaten der Renaissance gefördert und gerechtfertigt wurden.
    Von August 2025 bis September 2025
  • Schiffsverträge zwischen deutschen Pilgern und venezianischen Patronen: eine Spurensuche
    Promotionsprojekt

    Mittelalterliche Geschichte - Universität Heidelberg, Prof. Dr. Romedio Schmitz-Esser
    „Die Patrone sind alle Schelme“ – So urteilte der Jerusalempilger Hans Bernhard von Eptingen (1460) über die venezianischen Schiffsherren, die jedes Jahr auf ihren Galeeren Pilgergruppen ins Heilige Land brachten. Das Aushandeln von Verträgen mit den Patronen war eine leidige, aber unvermeidliche Aufgabe und fester Bestandteil der Pilgerfahrten. Immer wieder kam es dabei zu Auseinandersetzungen. Die in den Pilgerberichten überlieferten Schiffsverträge sind einzigartige Quellen, die von den mittelalterlichen Ursprüngen des Seepassagiervertrags zeugen. Die Überlieferung beschränkt sich nicht auf die Vertragstexte, sondern bietet eine narrative Darstellung des gesamten Geschehens, von der ersten Kontaktaufnahme mit den Patronen über die Verhandlungsphase bis hin zum Vertragsabschluss, und enthält darüber hinaus Hinweise zur Einhaltung der Vereinbarungen sowie zu möglichen Sanktionen bei deren Missachtung. Die patroni vereinten in einer Person die Rollen von Reedern und Kapitänen und stammten aus einflussreichen venezianischen Patrizierfamilien, von denen viele bereits im Überseehandel aktiv waren. Sie durften auf eigene Rechnung, jedoch unter staatlicher Aufsicht, Schiffe ausrüsten und die Überfahrten durchführen. Mit Hilfe der Verträge sollte Verbindlichkeit zwischen den beteiligten Personen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Rechtsräume hergestellt werden. Im Idealfall sollten die Anbieter den Pilgern eine sichere Überfahrt, eine ausreichende Versorgung an Bord, die Kommunikation mit den muslimischen Amtsträgern und eine rasche Heimkehr ermöglichen. Die ersten bekannten Schiffsverträge sind in Pilgerberichten aus dem Jahr 1440 überliefert. Die Schriftstücke wurden im Laufe der Jahrzehnte durch das überlieferte Wissen immer länger. Dies deutet darauf hin, dass die Pilger mit ihren vertraglichen Absicherungen nur begrenzten Erfolg hatten und versuchten durch noch mehr Regelungen die Patrone in die Knie zu zwingen. Eine methodische Schwierigkeit bei der Erforschung der Verträge liegt darin, dass bislang kein einziges Original bekannt ist. Wir können somit nahezu keinen Eindruck von Materialität, Form und tatsächlichem Inhalt der Verträge gewinnen. Die Auffindung der Schiffsverträge ist nur durch eine umfassende Durchsicht der venezianischen Notariatsakten im Archivio di Stato di Venezia möglich.
    Von Juli 2025 bis August 2025
  • Das deutsche Milieu Venedigs im transnationalen faschistischen Geflecht,
    1918–1933. Eine Fallstudie zur Unterwanderung von Auslandsinstitutionen und -gemeinden während der Weimarer Republik
    Promotionsprojekt

    Geschichtswissenschaft Universität Bielefeld, Prof. Dr. Vito Francesco Gironda
    Venedig bildete seit Beginn der 1920er Jahre ein entscheidendes und bislang unerforschtes Drehkreuz transnationaler Vernetzungsprozesse zwischen dem faschistischen Regime und gleichgesinnten deutschsprachigen Organisationen. Mein Projekt beabsichtigt die Erforschung des deutschen Milieus in Venedig zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur. Dabei zielt es darauf ab, die Unterwanderung und Instrumentalisierung dieses Milieus als relationale Infrastruktur in den Diensten der grenzübergreifenden Vernetzung faschistischer und rechtsradikaler Gruppierungen (NSDAP, „Stahlhelm“, PNF) zwischen Deutschland und Italien aufzudecken. Im empirischen Mittelpunkt der Untersuchung stehen somit das breitere Umfeld der deutsch-venezianischen „Kolonie“, und darin insbesondere die Tätigkeit der deutschen Auslandsvertretungen sowie der deutschen Glaubensgemeinden in Venedig seit ihrer (Neu-)Gründung nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.

    Neben den noch unklaren empirischen Grundlageninformationen geht es hierbei insbesondere um die Aufklärung der Rolle des breiteren deutsch-venezianischen Milieus zwischen 1918 und 1933. Der Kenntnisstand über die Kolonie in ihrer Allgemeinheit in sozialer und politischer Hinsicht gestaltet sich nach wie vor lückenhaft. Das Projekt möchte diese Forschungslücke anhand eines zweifachen Erkenntnisinteresses schließen.

    Zum einen soll nach der allgemeinen Zusammensetzung und den internen Dynamiken des Milieus gefragt werden: Welche Akteure, soziale Gruppen bzw. Schichten und Institutionen waren hierbei ausschlaggebend, genossen das meiste Prestige und verfügten über die größten Handlungsspielräume? Wie zentral gestaltete sich etwa die Rolle des Konsulats und der evangelischen und katholischen Gemeinden bei der Gruppenbildung und -kohäsion? Wie positionierten sich die Kolonie und ihre Vertreter*innen innerhalb der breiteren venezianischen Stadtgesellschaft? Welche Weltbilder kamen hier in politischer Hinsicht zum Vorschein? Inwiefern waren hierbei deutschnationale oder völkische Dispositionen ausschlaggebend oder gar mehrheitlich, und welche Haltungen herrschten jeweils gegenüber dem italienischen faschistischen Regime und der Weimarer Demokratie? Welche Spannungen durchliefen das Milieu in soziokultureller und konfessioneller Hinsicht?

    Zum anderen sollen die Funktion und Bedeutung des deutschen Milieus in Venedig in grenzübergreifender Perspektive analysiert werden: Welche breiteren Kreise trieben die deutsch-italienische faschistische Vernetzung aktiv voran? Wie gestaltete sich das Verhältnis zwischen den rechtsradikalen Organisationen und dem breiteren deutsch-venezianischen Umfeld? Welche Funktion nahmen das Honorarkonsulat und die christlichen Gemeinden mit ihren aktiven Mitgliedern und Mitarbeitenden mittelfristig ein? Wie bewusst war den jeweiligen Funktionstragenden die Instrumentalisierung durch rechtsradikale Akteure? Lassen sich Ablehnungshaltungen oder gar Widerstände im Milieu gegen die Unterwanderung erkennen? Führte die Zentralität des deutschen Milieus in Venedig zu einer erkennbaren „venezianischen Prägung“ des deutsch-italienischen Netzwerks? Wie nachhaltig blieben die Einflüsse aus der Lagunenstadt nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“, und wie gestalteten sich die späteren Biographien der Hauptakteure durch und über die NS-Zeit hinweg?
    Von März 2025 bis August 2025
  • Kunststipendium, Komposition
    Musik/Komposition
    Aufgrund der gegenwärtigen geopolitischen Entwicklungen habe ich ein besonderes Interesse an dem Thema Widerstand in seinen verschiedenen Ausprägungen. 2019 war ich für die Vorbereitung meiner Klanginstallation als Teil von Natascha Sadr Haghighians Arbeit "Ankersentrum" (Kunstbiennale Venedig, Deutscher Pavillon) zu eben diesem Thema mehrfach für einige wenige Tage in Venedig und möchte nun die Zeit nutzen, um mich auf eine ausführliche Spurensuche zu begeben.

    Aktuell arbeite ich an einem Werk für Ensemble Recherche Freiburg, das im November 2025 im Rahmen des Rainy Days Festivals in Luxemburg uraufgeführt wird. Während meiner vergangenen Aufenthaltsstipendien gab es immer wieder überraschende Entdeckungen, die meinen Horizont gesprengt und meine künstlerische Arbeit stark beeinflusst haben. So lasse ich Venedig auf mich zukommen.
    Website Elnaz Seyedis
    Von Juli 2025 bis September 2025
  • Patente Leute. Glasindustrie in Murano zwischen Tradition und Innovation, fama und Geheimnis
    Promotionsprojekt

    Kunstgeschichte (Universität zu Köln, PD Dr. Henrike Haug)
    Zwischen ca. 1450 und 1800 fand auf dem Sektor der Glasherstellung in Venedig eine Vielzahl von Neuentwicklungen statt, beispielsweise die Perfektionierung von farblosem Glas, dem cristallo. Darauf folgte die Entwicklung weiterer Glasarten wie calcedonio, lattimo und avventurina – Neuerungen, die zu den segreti der Muraneser Glaskunst stilisiert und als solche rechtlich geschützt werden mussten, um Venedigs Monopolstellung in der Fertigung dieses zum Luxusgut aufgestiegenen Materials behaupten zu können. Ziel des Projektes ist es, die den Glaspatenten Venedigs inhärenten Erzählungen erstmals umfassend aus kunstwissenschaftlicher Perspektive zu diskutieren. Gleichberechtigt nimmt das Projekt Werke der Glaskunst in den Blick, die in Form von à la façon de Venise von einem regen Austauschprozess erzählen, den selbst der Erfindungsschutz nicht einzudämmen vermochte. Im Gegenteil: Gerade die Konkurrenz regte Innovationsprozesse an, die nicht immer zu einer finanziellen, dafür aber künstlerisch-technischen Vielfalt in der Muraneser Glasfertigung führten. Motive der Adaptionen, Transformationen und Imitationen rücken deshalb ins Blickfeld der Dissertation, sind sie doch den oben aufgezählten Glasarten immanent. Das Projekt zielt dabei auf eine begriffliche Schärfung der unterschiedlichen Formen der nachahmenden Aneignung – die im Kontext von künstlerischem Vermögen, von Werkstattwissen, von Techniktransfer, aber auch im Umfeld der entstehenden europäischen Märkte und im zunehmenden Austausch von Luxuswaren in Europa der frühen Neuzeit zu verorten sind.
    August 2025
  • Fluvio-Graphie. Von der Quelle bis zum Delta: Flüssen eine Stimme geben -ihre Zukunft neu gestalten
    Progetto di abilitazione | Fritz Thyssen Stiftung

    Romanische Literaturwissenschaft (Französisch/Italienisch)
    Texte des letzten Jahrhunderts verdeutlichen eindrucksvoll wie der Po und die Durance, zwei alpin-mediterrane Flüsse, nicht nur unsere Repräsentationen und Erzählungen inspirieren, sondern auch unsere Wasserkulturen und das kollektive Gedächtnis tiefgreifend geprägt haben. Diese Flüsse verkörpern ein bedeutendes geografisches, ökologisches und emotionales Erbe und machen die Herausforderungen, denen Flusssysteme im Anthropozän gegenüberstehen, deutlich sichtbar.

    Der Po und die Durance haben die Geschichte Südfrankreichs und Norditaliens nachhaltig beeinflusst, Land bewässert, Bevölkerungen ernährt und Städten Wohlstand ermöglicht – wie Sisteron, Marseille, Turin oder Venedig. Oft mit Lebensbäumen verglichen – der eine in der Provence, der andere in Norditalien – sind diese Flüsse, die ihren Ursprung in den Französischen Alpen haben (die Durance und die Dora, ein Nebenfluss des Po, entstehen sogar aus der gleichen Quelle), ein Spiegelbild der Flussausbaupolitiken in Frankreich und Italien. Literarische und sachliche Texte bezeugen die ursprünglichen, geflochtenen Flussmuster, die einzigartigen Ökosysteme, Feuchtgebiete und Deltas und erinnern an dieses nahezu verlorene Erbe.

    Der Po und die Durance sind heute tatsächlich zunehmend extremen Bedingungen wie wiederkehrenden Dürren oder Hochwasserereignissen ausgesetzt, die durch den Klimawandel, das Schmelzen der Gletscher oder durch verschiedene Flussbewirtschaftungspraktiken (Hochwasserschutz, Staudammbau, Kanalisierung, Landentwicklung und Atomkraftwerke u.a.) verursacht werden. Die Texte und Studien dokumentieren diese tiefgreifenden Veränderungen der Flüsse unter menschlichem Druck und skizzieren manchmal dystopische Perspektiven für deren und somit unsere Zukunft. Darüber hinaus bieten sie gelegentlich auch innovative Ansätze zur „Reparatur des Wassers“ (Rey, 2021).

    Diese ökokritische Analyse der Fluvio-Graphie des Po, der Durance und ihrer Nebenflüsse untersucht den Wandel unserer Wasserkulturen und legt dar, dass literarische Darstellungen dieser Wasserwege nicht nur das Bewusstsein für bedrohte Flüsse schärfen, sondern auch Lösungsansätze bieten können. Diese Werke verdeutlichen, dass die Fluidität der Flüsse weit über ökologische Aspekte hinausgeht und tief mit dem Fluss des Lebens, der Sprache, den Emotionen und der Vorstellungskraft verknüpft ist. „When the rivers run dry“ (Pearce, 2019) belegt nicht nur den Prozess des Verschwindens der Flüsse, sondern auch das Fehlen der entsprechenden Worte. Die Darstellung von Freiheit wird erschwert und das Gefühl des Erhabenen wird zunehmend von Melancholie und Trauer verdrängt.

    Schlüsselwörter:
    Fluvio-Graphie; Wasserkulturen; (verflochtene) Flüsse; Flusswirtschaft; Wassergeschichte; Wasserphilosophie.
    Von Februar 2025 bis Januar 2026
  • Die Campi in Venedig als Bühne -
    Aktualität, Erfahrungsraum und Erzählung
    Kunststipendium, Fotografie

    Bildende Kunst
    Venedig weist mit seinen rund hundert Campi ein reiches Spektrum an Varianten städtischer Räume auf.

    In historischer, architektonischer und soziologischer Hinsicht sind diese Campi außerordentlich sprechend, ein authentischer, von Geschichte gesättigter Erfahrungs- und Bühnenraum. Für meine fotografische Erschließung der Stadt möchte ich mich ihnen zuwenden, das heißt, die Menschen in diesem Kontext festhalten, vor der Folie der Architekturen und im Zusammenspiel mit ihr, in verdichteten Szenen, die über den Moment hinausweisen.

    Wie viele andere attraktive Städte verzeichnet Venedig, und diese Stadt besonders, einen stetig anhaltenden Ansturm von Besuchern und Besucherinnen, die den öffentlichen Raum mitprägen. Dieser Teilaspekt, die Brüche, Schnittstellen und das teilweise surreale Miteinander, fließen in meine Beobachtungen mit ein.
    Von Juli 2025 bis September 2025
  • Quellenstudien und Niederschrift von Erkenntnissen
    Mittealterliche Geschichte - Universität Kassel, Prof. Ingrid Baumgärtner
    Während die europäisch-nordafrikanischen Beziehungen auch vor dem Hintergrund des Austauschs zwischen Europa und der arabischen Welt mittlerweile gut erforscht sind, vernachlässigen die Diskursteilnehmer oftmals, dass der Norden Afrikas nur einen kleinen Teil des Kontinents ausmacht. Diese chronische Vernachlässigung Afrikas südlich der Sahara zieht sich durch viele Bereiche und könnte Ausdruck eines erweiterten Eurozentrismus sein, wonach nur das von Belang ist, was in der Proximität Europas stattfindet. Hierbei wird vollkommen außer Acht gelassen, dass auch die subsaharischen Regionen Afrikas über Jahrhunderte hinweg durch Handel indirekt über den arabischen Raum und später auch direkt mit Europa verbunden waren. So gibt es zahlreiche Berichte über afrikanische Gesandte an europäischen Höfen wie etwa

    auch die Teilnahme einer äthiopischen Delegation am Konzil von Ferrara/Florenz. Solche direkten Kontakte haben weitere Spuren hinterlassen und die Neugierde auf das wenig Bekannte stimuliert. Selbstverständlich waren es gerade die Geographen und Kartographen, die sich mit der Frage auseinandersetzen mussten, wie Afrika kartographisch zu repräsentieren, zu strukturieren und zu ordnen war. Während die Neuentdeckungen der Portugiesen entlang der Küste in der Forschung der letzten Jahre vielfach thematisiert wurden, richtete sich der Blick selten auf das Innere Afrikas und die damit verbundenen Abgrenzungs- und Ordnungsvorstellungen.

    Im Zuge meiner Dissertation richten sich die Bestrebungen primär auf die um 1459 fertiggestellte Weltkarte des venezianischen Kamaldulensers Fra Mauro. Ziel ist es, die Details der Afrikakonzeption im Rahmen der Vorstellungsgeschichte herauszuarbeiten und dabei den Fragen nach der Erfassung und Strukturierung des Raumes und seiner Ordnung besonderes Gewicht zu geben. Die Analyse soll im Vergleich mit narrativen und weiteren bildlichen Quellen erfolgen und auch islamische Kartierungen von Afrika im 15. Jahrhundert berücksichtigen. Dabei beschränkt sich die Dissertation auf das äußerst dynamische Afrikabild des 15. Jahrhunderts, in dem sich die Erforschung Afrikas und der Austausch mit seinen Einwohnern weit nach Süden ersteckte.
    Von Mai 2025 bis September 2025
  • Juden in der faschistischen Partei Italiens
    (Arbeitstitel)
    Dissertationsprojekt

    Neuere und Neueste Geschichte - Universität Leipzig, Prof. Dr. Jan Gerber
    Ausgangspunkt des Dissertationsvorhabens ist der verhältnismäßig hohe Anteil von Juden im Partito Nazionale Fascista (PNF), der faschistischen Partei Italiens. Während die jüdische Bevölkerung Anfang des 20. Jahrhunderts nur 0,1 Prozent der italienischen Gesamtbevölkerung ausmachte, war der Anteil von Juden im PNF dreimal so hoch. Ziel des Forschungsprojekts ist es, den Hintergründen dieser Anziehungskraft nachzugehen.

    Entlang der Biografien von drei jüdischen Funktionären werden Gemeinsamkeiten der politischen Orientierungssuche nachgezeichnet und ins Verhältnis zu den Lebenswegen weiterer Parteimitglieder gesetzt. Die ausgewählten Personen Guido Jung (1876–1949), Gino Arias (1879–1940) und Elisa Majer-Rizzioli (1880–1930) repräsentieren dabei je unterschiedliche Herkünfte und Wege in die faschistische Partei. Guido Jung stammte aus einer Unternehmerfamilie aus Palermo, deren Wurzeln väterlicherseits nach Baden, mütterlicherseits nach Triest zurückreichen. 1914 wandte er sich der Associazione Nazionalista Italiana (ANI) zu. 1924 trat er dem PNF bei und stieg zum Finanzminisiter Mussolinis (1932–1935) auf. Gino Arias war in Florenz aufgewachsen, vertrat während seiner Studienjahre in Bologna sozialistische Ideen, gründete 1904 eine zionistische Gruppe und näherte sich nach dem Ersten Weltkrieg zum Faschismus. Er wurde zu einem seiner wichtigsten Wirtschaftstheoretiker. Elisa Majer Rizzioli kam aus dem assimilierten jüdischen Bürgertum Venedigs. 1911 meldete sie sich freiwillig als Krankenschwester für den italienisch-türkischen Krieg, agitierte für den Kriegseintritt Italiens 1915 und schloss sich 1920 den fasci di combattimento an. Sie wurde Herausgeberin der faschistischen Frauenzeitschrift, der Rassegna femminile italiana. Die Untersuchung der drei Lebenswege gibt Aufschluss über das ambivalente Verhältnis der faschistischen Partei gegenüber seinen jüdischen Mitgliedern und vice versa.

    Über die jüdischen PNF-Mitglieder hinaus wird außerdem die Generation ihrer Eltern in den Blick genommen, die die Gründung des vereinten italienischen Königreichs 1861 und die italienweite Emanzipation der Juden erlebt hatten. Der Arbeit liegt die Hypothese zugrunde, dass die Frage nach den jüdischen Angehörigen des PNF nur vor dem Hintergrund der spezifisch jüdischen Bindung an das Risorgimento, die italienische Nationalstaatsbildung, verstanden werden kann.
    Von August 2025 bis September 2025

Personen/zukünftige Projekte

  • "Zwei Schriften Kardinal Bessarions über den Kreuzzug gegen die Türken: Textgeschichte, Ausgabe und Stellung innerhalb seines Werkes"
    Von Juli 2026 bis September 2026
  • Giovanni Bellini und die Devotio Moderna: religiöser Austausch und die italienische Kunsttheorie des Quattrocento
    Buchprojekt
    Januar 2026
  • Der Reisekünstler Friedrich Nerly (Erfurt 1807 – 1878 Venedig) und seine venezianische Bildproduktion. Bestandserforschungs- und Ausstellungsprojekt zu Friedrich Nerlys Haupt-Nachlass, Angermuseum Erfurt
    Postdoc
    Von September 2025 bis Oktober 2025
  • Kunststipendium
    Von Oktober 2025 bis Dezember 2025
  • Von Venedig nach Berlin: die von dem venezianischen Kunsthändler Alvise Bernardino Barozzi ans Kaiser-Friedrich-Museum verkauften Kunstwerke aus byzantinischer Zeit, aus Mittelalter und Renaissance
    Postdoc
    Oktober 2025
  • Kunststipendium
    Von Oktober 2025 bis Dezember 2025
  • Patente Leute. Glasindustrie in Murano zwischen Tradition und Innovation, fama und Geheimnis
    Promotionsprojekt
    Von November 2025 bis Dezember 2025
  • Die Andere Biennale: Venedigs ,Biennali d'arte antica' und die Erfindung einer anhaltenden Tradition (1935-1950)
    Postdoc
    September 2025
  • Die Aufenthalte von Marquard Gude (1635-1689) in Venetien:
    Bibliotheken, Handschriften und Gelehrten-Netzwerke
    Postdoc
    April 2026
  • Kaiserreisen in Habsburg-Venetien: Oper, Kantate und imperiale Repräsentation (1825-1857)
    Von Februar 2026 bis Juni 2026
  • Von Oktober 2025 bis Februar 2026
  • Szenische Konzepte im Primo Novecento: Gian Francesco Malipieros Musiktheater
    Habilitationsprojekt
    Von Oktober 2025 bis Januar 2026
  • Die sephardische Diaspora in Venedig (1492-1541)
    Dissertationsprojekt
    Von März 2026 bis April 2026
  • Der Kiosk
    Juli 2026

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