Deutsches Studienzentrum in Venedig

Lavinia Gambini

Lavinia Gambini

‘Everyday Humanism’ and Medical Greekness in Early Modern Italy (1550-1669)

Geschichte/University of Cambridge, Prof. Mary Laven

Mein Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit der Präsenz von griechischen, ostchristlichen und konvertierten Heilpraktikern, Apothekern und Botanikern aus dem Osmanischen Reich und dem venezianischen Stato da Mar im Italien der Frühen Neuzeit. Ausgehend von neueren Befunden aus der Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, die frühneuzeitliche Medizin als plurales, kollektives und inklusives Unterfangen neudenkt, versucht mein Projekt aufzuzeigen, dass ostmediterrane Migranten im Bereich der Alltagsmedizin und Heilkunde einen Expertenstatus erreichen konnten.

Dabei fasst das Projekt Berufe in den Blick, die häufig von ostmediterranen Migranten ausgeübt werden konnten, wie z.B. den saltimbanchi (Straßenheiler und -medizinverkäufer), bottegai (Geschäftsbetreiber), spezialotti (Apotherkersgehilfen), aromatari (Apotheker), profumieri (Parfümmacher) und (gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts) auch caffettieri (Betreiber von Kaffeehäusern) und cioccolatieri (Schokoladenverkäufer). Die Einwohner der italienischen Halbinsel suchten häufig diese Experten auf, in der Hoffnung, durch sie an alternatives medizinisches und botanisches Wissen zu gelangen. Die medizinischen Rezepte (segreti/rimedi) dieser ostmediterranen Experten wurden dabei häufig in italienische Rezeptbücher aufgenommen, wodurch sie den Status von ‚legitimen‘ Heilmitteln erreichen konnten. Besondere Aufmerksamkeit widmet das Projekt außerdem den überlieferten Fällen von weiblichen griechischen Heilpraktikerinnen, die in Venedig, Siena und Rom die lokalen Behörden aufsuchen, um Genehmigungen und Patente für ihre medizinischen Tätigkeiten zu erlangen.

Das Projekt fasst die kosmopolitischen Hafenstädte Venedig, Livorno, Ancona, Palermo und Neapel sowie die Inlandstädte Siena und Rom in den Blick. Zeitlich widmet sich das Projekt den Jahren 1550-1669 als Periode eines intensivierten Kulturkontaktes und zunehmender Migrationswellen infolge der osmanischen Eroberungen von Chios, Zypern und Candia.

Von Juni 2023 bis September 2023