Deutsches Studienzentrum in Venedig

Franziska Kleine

Franziska Kleine

Giandomenico Tiepolos Spektakelbilder: Zuschauerfiguren und Betrachterrollen im 18. Jahrhundert in Venedig
Promotionsprojekt

Kunstgeschichte - Prof. Dr. Peter Geimer, Freie Universität Berlin

Das Projekt meines Venedig-Aufenthaltes wie meiner Promotion besteht darin, Giandomenico Tiepolos Zuschauer- und Spektakeldarstellungen im Kontext der Beobachtungs- und Unterhaltungskultur im Venedig des 18. Jahrhunderts zu untersuchen. Statt als vermittelnde Zeugen die Ränder des Geschehens zu säumen, treten Beobachterfiguren in Giandomenicos Werken als Hauptakteure auf. Von den Vorführungen der Scharlatane, Tanzpaare oder Guckkästen neben ihnen geradezu ablenkend, schaffen die maskierten Schaulustigen hier selbst Blick-Attraktionen – und entziehen sich zugleich einer umfassenden Betrachtung.

Die Vervielfältigung von Zuschauerfiguren in Giandomenicos Gemälden ist – so die These – als ironische Antwort auf Inklusionsstrategien zu interpretieren, mit denen Medien im 18. Jahrhundert ein immer breiteres Publikum anzuziehen suchten. Damals wurden die venezianischen Spektakel nicht nur zum beliebten Reise-Anreiz, sondern auch zu einem verbreiteten Bild-Sujet, das sich mit Vorstellungen von kultureller und sozialer Teilhabe verband. Inwiefern Giandomenicos Bilder jedoch gerade die medialen Inklusionsstrategien konterkarieren, die Betrachter*innen einen direkten Zugang zum Vergnügen bzw. Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft suggerieren, soll in der geplanten Arbeit erörtert werden.

Die Menge an Zuschauerfiguren zeichnet weder ausschließlich das Werk Giandomenico Tiepolos aus, noch dokumentiert sie einfach die Präsenz von Zuschauer*innen, die der Künstler in Venedig gesehen haben könnte. Vielmehr weisen sie auf das Interesse einer Gesellschaft hin, in der Beobachtung in hohem Maße kultiviert und diskutiert wurde. Während des Aufenthalts in Venedig möchte ich mehr darüber herausfinden, wie Giandomenicos Spektakelbilder mit den theatralen Blick-Ordnungen, touristischen Blick-Interessen oder aufklärerischen Blick-Idealen seiner Zeit zusammenhängen. Dass die neue Menge an Anweisungen und Anreizen zum Zuschauen mit neuen Ansprüchen von und an Bildbetrachter*innen einherging, ist eine These, dich mich auf meinen Recherchen in Venedig begleiten soll.

November 2023

Von September 2024 bis Dezember 2024