Deutsches Studienzentrum in Venedig

Alicia Wolff

Alicia Wolff

Schiffsverträge zwischen deutschen Pilgern und venezianischen Patronen: eine Spurensuche
Promotionsprojekt

Mittelaterliche Geschichte - Universität Heidelberg, Prof. Dr. Romedio Schmitz-Esser

„Die Patrone sind alle Schelme“ – So urteilte der Jerusalempilger Hans Bernhard von Eptingen (1460) über die venezianischen Schiffsherren, die jedes Jahr auf ihren Galeeren Pilgergruppen ins Heilige Land brachten. Das Aushandeln von Verträgen mit den Patronen war eine leidige, aber unvermeidliche Aufgabe und fester Bestandteil der Pilgerfahrten. Immer wieder kam es dabei zu Auseinandersetzungen. Die in den Pilgerberichten überlieferten Schiffsverträge sind einzigartige Quellen, die von den mittelalterlichen Ursprüngen des Seepassagiervertrags zeugen. Die Überlieferung beschränkt sich nicht auf die Vertragstexte, sondern bietet eine narrative Darstellung des gesamten Geschehens, von der ersten Kontaktaufnahme mit den Patronen über die Verhandlungsphase bis hin zum Vertragsabschluss, und enthält darüber hinaus Hinweise zur Einhaltung der Vereinbarungen sowie zu möglichen Sanktionen bei deren Missachtung. Die patroni vereinten in einer Person die Rollen von Reedern und Kapitänen und stammten aus einflussreichen venezianischen Patrizierfamilien, von denen viele bereits im Überseehandel aktiv waren. Sie durften auf eigene Rechnung, jedoch unter staatlicher Aufsicht, Schiffe ausrüsten und die Überfahrten durchführen. Mit Hilfe der Verträge sollte Verbindlichkeit zwischen den beteiligten Personen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Rechtsräume hergestellt werden. Im Idealfall sollten die Anbieter den Pilgern eine sichere Überfahrt, eine ausreichende Versorgung an Bord, die Kommunikation mit den muslimischen Amtsträgern und eine rasche Heimkehr ermöglichen. Die ersten bekannten Schiffsverträge sind in Pilgerberichten aus dem Jahr 1440 überliefert. Die Schriftstücke wurden im Laufe der Jahrzehnte durch das überlieferte Wissen immer länger. Dies deutet darauf hin, dass die Pilger mit ihren vertraglichen Absicherungen nur begrenzten Erfolg hatten und versuchten durch noch mehr Regelungen die Patrone in die Knie zu zwingen. Eine methodische Schwierigkeit bei der Erforschung der Verträge liegt darin, dass bislang kein einziges Original bekannt ist. Wir können somit nahezu keinen Eindruck von Materialität, Form und tatsächlichem Inhalt der Verträge gewinnen. Die Auffindung der Schiffsverträge ist nur durch eine umfassende Durchsicht der venezianischen Notariatsakten im Archivio di Stato di Venezia möglich.

Mai 2025

Von Juli 2025 bis August 2025