Deutsches Studienzentrum in Venedig

Kai Hohenfeld

Kai Hohenfeld, Kunstgeschichte

Kai Hohenfeld,

Die Madonnenskulpturen des Giovanni Pisano unter dem Einfluss der französischen Elfenbeinkunst und Monumentalbildhauerei

Der Bildhauer Giovanni Pisano (aktiv ca. 1265–1314), erster Architekt der Westfassade des Domes von Siena und Schöpfer der großen Kanzel im Dom zu Pisa, war eine Schlüsselfigur des Kulturtransfers zwischen der italienischen und französischen Kunst des Spätmittelalters. Ein Aufenthalt des Künstlers in Frankreich ist indes nicht urkundlich belegt. Die Dissertation fokussiert Giovanni Pisanos Madonnenskulpturen, um sie auf ihre Beeinflussung durch die französische Elfenbeinkunst und Monumentalbildhauerei hin zu untersuchen. Entstanden in einer Zeit intensiver Marienverehrung, repräsentieren die Darstellungen der Jungfrau in thronender und aufrechter Position das Œuvre Giovanni Pisanos im Gesamten. Drei Ansätze bestimmen die Methodik der Dissertation:
1) Ausgangspunkt der Analyse ist die Stilkritik, die sich des beschreibenden Vergleiches bedient. 2) Die Adaption französischer Vorbilder wird als Kulturtransfer aufgefasst. Dabei geben Nachahmungen ortsgebundener Kunstwerke Auskunft über die Mobilität des Bildhauers, während die Rezeption transportabler Schnitzarbeiten auch innerhalb Italiens geschehen konnte. 3) Es wird untersucht, ob es zu einer Materialimitation von Elfenbein durch den Werkstoff Marmor kam.
Die Dissertation gelangt zu folgenden Ergebnissen: Giovanni Pisano rezipierte sowohl französische Elfenbeinschnitzereien als auch Monumentalwerke. Der von ihm betriebene Kulturtransfer setzte einen Prozess fort, den der Vater und Lehrmeister Nicola Pisano (aktiv ca. 1260–1278) initiiert hatte. Doch die Madonnenskulpturen wurden nur bis zu einem gewissen Grad von Akkulturationen französischer Vorbilder bestimmt. Als primäre Bezugspunkte erwiesen sich vielmehr das künstlereigene und das väterliche Werk. Die Imitation von Elfenbein durch die Marmorbildhauerei – ebenfalls von Nicola begonnen und durch Giovanni forttradiert – bewirkte eine materialikonographische Übertragung: Die Mariensymbolik des Stoßzahnmateriales ging auf den Stein über. So bezog sich eine Madonnenskulptur nicht nur in ihrer Gestalt, sondern auch in ihrer Substanz auf die Jungfrau Maria. Sowohl der Kulturtransfer von Frankreich nach Italien als auch die Materialimitation von Elfenbein wurden durch die unmittelbare und fernere Nachfolge Giovanni Pisanos fortgeführt. Während die Skulpturen des Meisters stilistisch hybrid erscheinen, stehen die Pisaner und Sieneser Nachfolgewerke in einem z. T. sehr viel homogeneren Verhältnis zu ihren transalpinen Vorbildern.

von Januar 2012 bis Februar 2012
Die Madonnenskulpturen des Giovanni Pisano unter dem Einfluss der französischen Elfenbeinkunst und Monumentalbildhauerei

Der Bildhauer Giovanni Pisano (aktiv ca. 1265–1314), erster Architekt der Westfassade des Domes von Siena und Schöpfer der großen Kanzel im Dom zu Pisa, war eine Schlüsselfigur des Kulturtransfers zwischen der italienischen und französischen Kunst des Spätmittelalters. Ein Aufenthalt des Künstlers in Frankreich ist indes nicht urkundlich belegt. Die Dissertation fokussiert Giovanni Pisanos Madonnenskulpturen, um sie auf ihre Beeinflussung durch die französische Elfenbeinkunst und Monumentalbildhauerei hin zu untersuchen. Entstanden in einer Zeit intensiver Marienverehrung, repräsentieren die Darstellungen der Jungfrau in thronender und aufrechter Position das Œuvre Giovanni Pisanos im Gesamten. Drei Ansätze bestimmen die Methodik der Dissertation:
1) Ausgangspunkt der Analyse ist die Stilkritik, die sich des beschreibenden Vergleiches bedient. 2) Die Adaption französischer Vorbilder wird als Kulturtransfer aufgefasst. Dabei geben Nachahmungen ortsgebundener Kunstwerke Auskunft über die Mobilität des Bildhauers, während die Rezeption transportabler Schnitzarbeiten auch innerhalb Italiens geschehen konnte. 3) Es wird untersucht, ob es zu einer Materialimitation von Elfenbein durch den Werkstoff Marmor kam.
Die Dissertation gelangt zu folgenden Ergebnissen: Giovanni Pisano rezipierte sowohl französische Elfenbeinschnitzereien als auch Monumentalwerke. Der von ihm betriebene Kulturtransfer setzte einen Prozess fort, den der Vater und Lehrmeister Nicola Pisano (aktiv ca. 1260–1278) initiiert hatte. Doch die Madonnenskulpturen wurden nur bis zu einem gewissen Grad von Akkulturationen französischer Vorbilder bestimmt. Als primäre Bezugspunkte erwiesen sich vielmehr das künstlereigene und das väterliche Werk. Die Imitation von Elfenbein durch die Marmorbildhauerei – ebenfalls von Nicola begonnen und durch Giovanni forttradiert – bewirkte eine materialikonographische Übertragung: Die Mariensymbolik des Stoßzahnmateriales ging auf den Stein über. So bezog sich eine Madonnenskulptur nicht nur in ihrer Gestalt, sondern auch in ihrer Substanz auf die Jungfrau Maria. Sowohl der Kulturtransfer von Frankreich nach Italien als auch die Materialimitation von Elfenbein wurden durch die unmittelbare und fernere Nachfolge Giovanni Pisanos fortgeführt. Während die Skulpturen des Meisters stilistisch hybrid erscheinen, stehen die Pisaner und Sieneser Nachfolgewerke in einem z. T. sehr viel homogeneren Verhältnis zu ihren transalpinen Vorbildern.

da Gennaio 2012 a Febbraio 2012

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